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Ballerina-Küchen: Oberflächenkontrolle mittels Inline-Scanner von Hecht Electronic

Anlageneffektivität mittels Inline-Scanner erhöhen

Hoher Auftragsbestand, enorme Auslastung – Ballerina-Küchen muss sicherstellen, dass alle Produktionsanlagen effizient und kontinuierlich arbeiten und Prozesse laufen. Ein wichtiger Bestandteil hierfür ist ein Inline-Scanner von Hecht Electronic, der in einer Losgröße 1-Anlage unter anderem die Werkstückoberfläche prüft. Damit fehlerhafte Teile nicht zu einem Produktions- oder Auslieferungsstau führen.

Losgröße 1 – wohin man in der Möbelindustrie auch hört, die komplett kundenindividuelle Produktion, verbunden inden meisten Fällen mit einer deutlich gestiegenen Materialvielfalt, ist und bleibt die größte Herausforderung. Das gilt auch für Ballerina Küchen aus Rödinghausen. Darum wurden dort im Kreis Herford vor einigen Jahren mit einer neuen Produktionsanlage in der Vorfertigung die Weichen gestellt, um für alles gerüstet zu sein. Integriert in diese Linie ist ein „4i“ Inline-Scanner von Hecht Electronic, um die produzierten Werkstücke im Durchlauf einer Qualitätskontrolle zu unterziehen, bevor sie am Montageband ankommen.

„Wir haben frühzeitig geschaut, wo die Reise mit Ballerina-Küchen hingeht“, erklärt Heiko Ellersiek, Geschäftsführung Technik bei Ballerina-Küchen. „Wir sprechen bei Ballerina Küchen über ein sehr hochwertiges Produkt mit hoher Variantenvielfalt. Wir haben beispielsweise als einer der wenigen Hersteller einen beidseitigen Korpus, also mit Dekor auf beiden Seiten bei insgesamt 26 Korpusfarben. Und bieten eine enorme Vielfalt an Größen, also Breiten und Längenkürzungen von den Standard-Rastermaßen. Im Schrankbereich beispielsweise lässt es sich nahezu alles im Millimeterbereich variieren. Genau das macht unser Produkt aus – der Kunde kann mit uns nahezu jeden Wunsch umsetzen. Darüber hinaus übernehmen unsere Handelspartner, die Küchenfachhändler, oft den kompletten Innenausbau. Also sprechen wir an vielen Stellen nicht nur von Küchen, sondern auch von Ess- und Wohnzimmermöbeln, die im gleichen Design umgesetzt werden. Wir haben dafür kein Sondersortiment, sondern sind so aufgestellt, dass mit unserem Produkt alles machbar ist. Dazu gehört natürlich die entsprechende Produktion.“

Ballerina-Küchen hatte einst eine klassische Serienfertigung. Was bedeutet, dass viel Material vorgehalten werden musste – was immer eine hohe Kapitalbindung darstellt. Zudem gab es mit dieser Produktionsart am Ende ein bearbeitetes, veredeltes Teil, welches durch einen Mitarbeiter entsprechend des individuellen Auftrags anzupassen war, beispielsweise in Form einer Kürzung. „Obwohl wir in Teile-Gruppen gearbeitet haben, also Böden, Seiten und ähnliches, haben wir keinen vernünftigen Produktionsfluss erzeugen können“, erinnert sich Ellersiek. „Eigentlich hakte es an verschiedenen Stellen: Der Materialfluss war nicht gut, die Fehlerquote und der Aufwand insgesamt nicht optimal. Wir hatten auch einen hohen und vor allem vermeidbaren Verschnitt. Darum haben wir uns entschieden, in eine Losgröße 1 Anlage für die gesamte Vorfertigung zu investieren, um all diesen Probleme zu begegnen.“ Nach entsprechenden Marktsondierungen und Vorplanungen fiel im Jahr 2018 die Entscheidung zugunsten einer Linie der Homag Group, die vom Zuschnitt bis zur automatischen Kommissionierung mittels Roboter alles liefern durfte.

„Im gleichen Zuge haben wir überlegt, dass diese Losgröße 1-Teile, also B- und C-Teile, qualitativ überprüft werden müssen im Produktionsfluss, weil sie mannlos aufgestapelt werden und wir Fehler erst viel später, nämlich in der Montage – auf dem Band stehend oder gar schon fertig verpresst – feststellen. Unabhängig davon, ob es Materialfehler sind oder Geometriefehler aus der Fertigung“, so Ellersiek. Alle Teile, die die neue Anlage verlassen, werden in Rödinghausen auf der anderen Straßenseite einem Bohrautomaten zugeführt und gehen danach direkt in die Montage. Darum sah die neu installierte Anlage auch ein großes Pufferlager vor, welches die vorgefertigten Teile zum richtigen Zeitpunkt für die Bohrung und anschließende Montage verlassen. Und das eben im Idealfall fehlerfrei. Ausschlaggebend dafür, sich vor allem mit einer Oberflächenkontrolle zu befassen, liegt größtenteils in der Beschaffenheit der Holzwerkstoffe begründet.

Arbeiten gut zusammen: Heiko Ellersiek, Geschäftsführer Technik bei Ballerina-Küchen und Michael Hettich, Vorstand /CEO Hecht Electronic (von links)

Ellersiek drückt es folgendermaßen aus: „Wir stellen fest, dass sich die Spanplattenoberflächen nicht verbessert. Im Gegenteil. Durch einen enorm angestiegenen Recyclingholzanteil bis zu 50 Prozent haben Oberflächenfehler zugenommen. Ein Prozess, der sich angesichts schwindender Holzvorkommen wahrscheinlich noch verschärfen wird. Und da wir unseren Kunden ein Hochwertprodukt liefern, traditionell auf den ,guten Namen Wert legen, können und wollen wir qualitativ keine Abstriche machen. Also müssen wir detektieren.”

Langjährige, gute Partnerschaft

Es gab zu diesem Zeitpunkt schon eine sehr gute Zusammenarbeit mit Hecht Electronic aus Besigheim: In der Ballerina-Fertigung stehen sowohl kleinere Sägeanlagen, als auch ein Inlinescanner zur Geometrievermessung von Fronten. „Bei einem meiner Besuche im Hause kam das Gespräch auf die Wünsche und Anforderungen bezüglich eines Scanners, der auch die Oberfläche inspiziert“, erinnert sich Michael Hettich, Vorstand/CEO von Hecht Electronic. „Und wir konnten anhand der von Ballerina gelieferten Musterwerkstoffe anschaulich beweisen, dass unser ,4i‘ den Erwartungen voll
entspricht.“

Und noch etwas sprach für den „4i“: Seine Größe. Da der Scanner am Einlauf des Pufferlagers stehen musste, angrenzend an eine Hallenwand, durften bestimmte Maße nicht überschritten werden. Der „4i“ Inline-Scanner erledigt bei Ballerina die Inspektionsarten Dimension mit Länge, Breite, Winkligkeit, sowie die Kanten und Oberfläche im Durchlauf. Theoretisch wäre auch eine Bohrbildkontrolle möglich, gehörte bei Ballerina allerdings nicht zum Lastenheft. Mit der technischen Performance ist Ellersiek absolut zufrieden. Bis zu 11 Teile schafft der Scanner derzeit pro Minute, die gesamte Linie steht mittlerweile bei rund 11.000 Teilen in zwei Schichten.

Und das Ausschleusen von fehlerhaften Teilen erfolgt absolut zuverlässig automatisiert nach dem Scanner, wenn dieser Auffälligkeiten feststellt. „Technisch gesehen sind wir vielleicht nicht die Allerbesten, was Kleinstfehler angeht“, gibt Hettich offen zu. Aber der Unternehmer weiß dennoch, an welcher Stelle die Maschinen von Hecht punkten: „Unsere Anlagen sind insgesamt weniger komplex. Das ist für viele Hersteller ein Vorteil, auch in der Bedienbarkeit. Wir erledigen die Kanten und Oberflächeninspektion in einer Anlage mit den gleichen Kamerasystemen und benötigen nicht Kameras in jeder einzelnen Messung. Am Ende des Tages zeigt sich diese geringere Komplexität auch am Preis. Wir arbeiten zudem mit künstlicher Intelligenz an den Anlagen, wir trainieren bei Dekoren das ,gute Teil‘. Wir geben vor, wie beispielsweise ,Eiche Sonoma‘ aussehen muss und die künstliche Intelligenz findet die Abweichung davon. Andere Systeme arbeiten umgekehrt: Dort werden die verschiedenen Fehler antrainiert. Wir haben bewusst den an deren Ansatz gewählt, mit großem Erfolg. Bei Holzdekoren funktioniert es sehr gut, etwas schwieriger sind noch Marmordekore.

Wir sind selber immer wieder begeistert, wie zuverlässig das System arbeitet, gerade bei den doch häufig sehr unruhigen Dekoren, die am Markt angeboten werden.“ Ellersiek stimmt ein: „Wir kennen die gängigsten Fehler natürlich. Und haben entsprechend ,gesammelt‘, um die Hecht-Anlage zu prüfen. Das Ergebnis war beeindruckend.“ Der „4i“ lässt sich jederzeit an neue Dekore anpassen, wenn ein Hersteller Dekorwechsel vornimmt. „Es gibt an der Anlage den Menüpunkt ,Dekor Trainingsdaten abspeichern‘“, erklärt Hettich. „Dann benötigt die Maschine etwa 30 Quadratmeter dieser Dekorfläche, rechnet parallel beim Scannen mit. Die erzeugten Bilder gehen in einen Trainingsprozess mit Milliarden von Parametern über etwa 24 Stunden und am Ende erhalten wir eine Datei. Diese spielen wir auf den Scanner und schon funktioniert die Oberflächenkontrolle auch mit dem zusätzlichen Dekor.“ Das System mit künstlicher Intelligenz war vor der Inbetriebnahme im Jahr 2020, als der letzte der drei Bauabschnitte der neuen Losgröße 1-Anlage bei Ballerina-Küchen fertig wurde, bereits bei einigen anderen Produzenten erfolgreich im Einsatz. „Wir haben für die Anlage bei Ballerina allerdings andere Kameras gewählt, bei denen wir mit mehr Beleuchtungsfarben arbeiten können. Dadurch erzeugen wir bei der Bildaufnahme bei einigen Dekorfarben noch bessere Bilder, um später bei der Fehlererkennung noch leistungsfähiger zu sein“, sagt Hettich.

Möbelfertigung

Vermessung und Inspektion von Möbelteilen

Die Messanlagen von HECHT sind für die Vermessung und Inspektion von Möbelteilen entwickelt. Unsere Lösungen können offline als auch inline eingesetzt werden.

Die Anwendungsgebiete in einer Möbelfertigung sind sehr weitreichend – von der Wareneingangskontrolle für Zukaufteile über die Rüstzeitreduzierung an Bohranlagen, Qualitätskontrolle in Losgröße 1 Fertigungen, Teileidentifikation nach dem Lackieren, Stichprobenvermessungen bis hin zur Warenausgangskontrolle. Mit einer HECHT Messanlage finden sie die richtige Lösung innerhalb ihrer Möbelteilefertigung.

Auslagerung aus dem Pufferlager und kommissionsbezogene Stapelung der Werkstücke per Roboter: Die Teile laufen anschließend weiter in Richtung Bohrautomat und Montage

Scanner mit Cloudanbindung geplant 

Und Hecht Electronic ist Stand jetzt schon wieder ein ganzes Stück weiter: Der nächste Entwicklungsschritt ist eine Cloudanbindung. Derzeit benötigt der Scanner vor Ort eine sehr leistungsfähige Hardware, um den 24-stündigen Rechenschritt für ein neues Dekor abbilden zu können. Künftig gehen die erzeugten Bilder in die Cloud, nach dem Rechenprozess kann der Anwender die Datei für ein neues Dekor einfach herunterladen. „Wir arbeiten mit Nachdruck an einen komfortablen Prozess für die Dekorwechsel bei den Kunden. Es ist geplant, dass die Cloudlösung dann standardmäßig verfügbar ist auf allen Scannern“, schließt Hettich.

Kundenindividuell bei den Scannern wird es neben den eingesetzten Dekoren letztlich nur bei der Anbindung innerhalb der Produktion, der Einbettung in eine eventuell bereits vorhandene Linie und natürlich der Ansteuerung des Scanners. Im Falle von Ballerina erfolgt dies über die Homag-Anlagensteuerung und 3Tec-Fertigungsleittechnik. Und dennoch gab es eine weitere Besonderheit bei Ballerina: Da der Korpus wie eingangs skizziert beidseitig das gleiche Dekor trägt, müssen auch beide Seiten überprüft werden. Auch dies ist kein Problem für den „4i“: Ober- und Unterseite des Werkstücks werden zeitgleich geprüft. Wird tatsächlich ein fehlerhaftes Teil nach dem Scanner ausgeschleust, so muss bei Ballerina nicht sofort ein Mitarbeiter tätig werden.

Ellersiek bekräftigt „Fehlerhafte Teile landen in einem Kettenspeicher und bei dem Mitarbeiter, der den gesamten Anlangen-Abschnitt betreut, geht eine entsprechende Mitteilung auf dem Monitor ein. Er ist also in der Lage, sich die Begutachtung des Teils – oder in der Regel nach einem etwas längerem Zeitraum mehrerer Teile – passend einzuplanen. Und er entscheidet dann, ob er per Knopfdruck die Neuproduktion des Teils anstoßen muss oder ob vielleicht eine Reinigung ausreicht, weil lediglich unvollständig entfernte Trennmittel zu groben Verschmutzungen geführt haben. Da das große Pufferlager immer Teile für bis zu zwei Tage aufnimmt und auftragsbezogen auslagert, reicht uns die Zeit für die Nachfertigung. Wir vermeiden dadurch, dass eine Kundenkommission unnötig stockt oder Produktionsschritte gänzlich blockiert werden. Das könnten wir uns auch nicht erlauben. Der Auftragsbestand ist hoch, die Lieferzeiten aufgrund der sehr guten Auslastung jetzt schon länger, als wir es uns eigentlich wünschen. Aber wir arbeiten daran, erweitern bereits, um Produktionsfläche hinzuzugewinnen.“ Rund 150 Teile fehlerhafte Teile sind es im Schnitt bei dem Tagesvolumen von 11.000 Teilen dieser Anlage. Und die Reklamationsquote ist laut Ellersiek seit dem Einsatz des Scanners spürbar gesunken: Ausbrüche oder andere Beschädigungen in der Oberfläche fallen früh genug auf.

Nach Kontrolle durch den Inline-Scanner von Hecht Electronic laufen alle fehlerfreien Werkstücke in den Pufferspeicher. Teile mit Makel werden in einen Kettenspeicher ausgeschleust zur Nachkontrolle durch einen Mitarbeiter.

Steigerung der Anlageneffektivität

Für Heiko Ellersiek war es definitiv die richtige Entscheidung, einen Inline-Scanner von Hecht in die neue Anlage zu integrieren. „Ohne diese Oberflächenkontrolle wäre diese Anlage nicht so effektiv, wie sie es eben heute ist. Zudem war es ein Vorteil, dass wir mit der Firma Hecht einen Partner haben, den wir bereits im Vorfeld kannten. Als eher konservativ geführter Betrieb ist es für uns wichtig, dass unsere Lieferanten für uns da sind, wenn Probleme auftreten. Und bei Hecht Electronic wussten wir, dass es passt, wir im Problemfall sehr schnell Hilfe bekommen. Und bei der Neuinstallation einer Anlage ist im Vorfeld klar, dass auch kleinere Probleme auftreten. Die konnten wir immer sehr zügig und zu unserer Zufriedenheit lösen.“

Trotz der Tatsache, dass es sich bei Hecht Electronic um ein kleineres Familienunternehmen handelt, wird gerade der Service in Besigheim sehr ernst genommen. „In diesem Bereich stellen wir uns derzeit neu auf“, so Hettich. „Wir haben in der Vergangenheit sowohl bei den Sägeanlagen, als auch bei den Messanlagen bewiesen, dass wir enorm leistungsfähig sind, Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen bei Problemen dafür sorgen, dass der Kunde wie gewohnt und gewünscht produzieren kann. Das stellen wir mit neu entwickeltem Konzept für den Service noch einmal in den Vordergrund. Wir geben unseren Kunden ganz bewusst ein ,Serviceversprechen‘ und unterstreichen damit unsere Verlässlichkeit.“ Zwei Wünsche hat Ellersiek dennoch. Die allerdings nicht in Richtung Scanner gehen. „Spanplatten sollen qualitativ wieder besser werden. Und es wäre auch einfacher, wenn wir das Rad der ,Materialvielfalt‘ etwas zurückdrehen könnten, auch wenn es vom Marketing her nachvollziehbar ist. Es würde meine Arbeit definitiv erleichtern.